Von der Tour de France zum Nürburgring

Ein Tag bei der Tour

 

Das größte Fahrradspektakel der Welt zieht jedes Jahr Hunderttausende Zuschauer an den Rand der Strecke, die den Fahrern zujubeln und sie die Berge "hoch brüllen". Wir haben dieses Spektakel noch nie erlebt, aber ich kann jetzt schon sagen, es lohnt sich.

 

Nachts um 4.30 Uhr sind wir in Vechta aufgebrochen, Helmut, ich und unser Hund Wotan. Mit unserem VW California geht es bis Grand Bonand, Etappenziel der 8. Etappe.

 

Nach zwei größeren Pausen, gegessen werden muss ja auch, erreichen wir Grand Bonand am späten Nachmittag. Jetzt noch den Campingplatz finden, den Platz besetzen, das Restaurant finden, essen und Pastis trinken. 

 

Am nächsten Tag machen wir uns auf zum Col de Colombiere. Helmut will den Gipfel von der Nordseite mit dem Fahrrad erklimmen. Nach 5 km stoppt uns ein freundlicher Gendarm der franz. Polizei, und macht uns klar, dass die Straße schon heute wegen der Tour de France für Autos gesperrt ist. Die Weiterfahrt ist nur noch mit dem Fahrrad erlaubt. Helmut will es alleine wagen, sozusagen den Col de Colombiere im Alleingang. Ohne Besenwagen. Ich fahre zurück zum Campingplatz und warte auf seine Rückkehr. Nach 3 Stunden hat er den Berg von der Südseite und von der Nordseite bezwungen.  Ziemlich erschöpft erreicht er den Campingplatz.  Chapeau! Als Belohnung lade ich ihn zum Essen ein. 

Am Tag darauf ziehen wir mit 2 Campingstühlen zur Zieleinfahrt in Grand Bonand. Noch scheint die Sonne, doch in der Ferne kündigt sich schon der große Regen an, der auch kurze Zeit später einsetzt. Ausgerechnet heute. Überall werden Capes entfaltet und Schirme aufgeklappt. So verharren wir bis 16 Uhr in der Zieleinfahrt.

Endlich, die Tour kündigt sich an. Ein 15 km langer Konvoi von Werbefahrzeugen mit Bannern und Lautsprecher zieht vorbei. Aus den Wagen ergießen sich sinnvolle und sinnlose Werbeartikel. Nach einer Stunde ist das Spektakel vorbei, und es dauert nicht mehr lange bis die ersten Fahrer auf dem von Nässe glänzenden Asphalt auftauchen.

Wer hat die Etappe gewonnen? Helmut und ich schauen uns schulterzuckend an. Wir wissen es nicht. Nur eins ist hängengeblieben: Ein unvergessliches Erlebnis im Dauerregen.

Zum Schluss: Pogacar hat auf dieser Etappe das gelbe Trikot erobert, und wird es bis Paris nicht mehr abgeben.

 

 

Schöne Lage, böser Geist

Wir verlassen Grand Bonand, sagen der Tour Good Bye, und machen uns auf den Weg in die Eifel. Knapp 1000 km Wegstrecke liegen vor uns.  Am Abend finden wir einen Campingplatz in der Nähe von Schleiden, und lassen den Abend im Campingplatzrestaurant bei Currywurst und Eifelpils ausklingen.

 

Schleiden? War da nicht was? Genau! Die NS-Ordensburg Vogelsang.

 

Neben dem Reichsparteitagsgelände in Nürnberg gehört dieser Monumentalbau zu den wichtigsten architektonischen Hinterlassenschaften der Nazi Diktatur. Ab 1934 wurden die monumentalen Bauten innerhalb von nur zwei Jahren errichtet als Schulungsstätte für den zukünftigen Führungsnachwuchs der NSDAP. Der Name Ordensburg soll an den Deutschen Orden, einen Kreuzritterorden, erinnern. Das positive Bild der Ritterlichkeit sollte in die Nazi Ideologie übertragen werden. 

 

Von 1936 bis 1939 wurden hier rund 2000 Jugendliche und junge Männer ausgebildet, von denen viele später als Gebietskommissare in besetzten Gebieten eingesetzt wurden. Dort haben sie sich an der Vertreibung und Ermordung von Juden, Sinti und Roma beteiligt.

 

Wir können leider nur eine Ausstellung besuchen wegen Wotan, müssen uns deshalb auf die Außenanlagen fokussieren und stellen zum Schluss fest:

 

Vogelsang ist ein einziges, riesiges Monument mörderischen Größenwahns

Hitler besuchte die Ordensburg Vogelsang zweimal
Hitler besuchte die Ordensburg Vogelsang zweimal
Der Bildhauer Willy Meller erschuf das überdimensionierte Fackelträger-Relief. Es sollte die Nazi-Ideologie festigen. Meller war auch beim Bau des Berliner Olympiastadion beteiligt
Der Bildhauer Willy Meller erschuf das überdimensionierte Fackelträger-Relief. Es sollte die Nazi-Ideologie festigen. Meller war auch beim Bau des Berliner Olympiastadion beteiligt
Pseudoburg aus Beton
Pseudoburg aus Beton

Horchposten in die Unendlichkeit

 

Nach einem Abstecher in Monschau, fahren wir heute zum Radioteleskop Effelsberg bei Bad Münstereifel. Seit Tagen hängt der Himmel voll dunkelgrauer Regenwolken, und die Lage will sich nicht verbessern. Was wir damals noch nicht wussten, es sind noch genau 8 Tage bis zur großen Flutkatastrophe in der Eifel.

 

Als wir uns morgens auf den Weg machen, ist es noch trocken. Kurze Zeit später setzt erst leichter Nieselregen ein, und als wir das Teleskop erreichen, regnet es Hunde und Katzen. Vom Parkplatz aus sind es noch 800 Meter bis zum Eingang. Bei diesem Regen zu Fuß? Unmöglich! Wir werden es mit dem Auto versuchen, fahren verbotene Wege und stehen plötzlich direkt vor dem Teleskop. Schnell merken wir, dass das Besucherzentrum heute geschlossen ist. An einer neuen Stele auf dem Vorplatz des Besucherpavillons kann man kleine Filme und Informationen über das Monsterteleskop abrufen. Es wird für heute unsere einzige Informationsquelle bleiben.

 

Fast 30 Jahre war das Radioteleskop Effelsberg in der Eifel das größte vollbewegliche Radioteleskop der Welt. Heute ist es vom Green-Bank-Observatorium in Virginia abgelöst. Den zweiten Platz hält es noch immer.

 

Radiowellen werden nicht von Kunstlicht oder Wolken gestört. Daher lassen sich auch aus dem verregneten Deutschland exzellente Beobachtungen durchführen. Das imposante Gerät wiegt mehr als 3000 Tonnen. Die Fläche der Schüssel ist größer als die eines Fußballfeldes, aber die größte Abweichung von der optimalen Form beträgt nicht einmal einen halben Millimeter.

 

Die Tallage zwischen den umliegenden Bergen schützt das Teleskop weitgehend vor Einstrahlung durch zivilisationsbedingte Radioquellen, wie Handystrahlen und anderen Sendern.

 

Einer der größten Erfolge in der Geschichte des Teleskopgiganten gelang im Jahre 2008. Damals stellten Astronomen in Effelsberg einen neuen Weltrekord bei der Suche nach dem weitesten entfernten Wasser im Universum auf. Fündig wurden sie in einer Distanz von 11 Milliarden Lichtjahren. Dann können wir eigentlich nur noch hoffen, dass das Wasser in unserer Nähe nicht ausgeht.