Meine Reise durch Deutschland 2017/2018

Ettal-Der Fall der Katholischen Kirche

Rund zehn Kilometer nördlich von Garmisch-Partenkirchen liegt ein idyllisches bayerisches Kloster mit einer ruhigen und heimischen Atmosphäre: Das Kloster Ettal,  eine Benediktinerabtei, wo  noch 50 Mönche nach dem Vorbild des Heiligen St. Benedikt leben. Heute ist es ein beliebtes Ausflugsziel für Einheimische und Touristen.  Zum Kloster gehören neben einem Gymnasium samt Internat auch landwirtschaftliche Betriebe, ein Hotel, mehrere Gasthöfe, eine Brauerei, eine Likör-Destillerie, sowie ein Kunstverlag und eine Druckerei.

Gegründet wurde es bereits 1330 und kann somit auf eine lange Geschichte verweisen. 

 

2010 bekam die Geschichte des Klosters erhebliche und bis heute andauernde Risse. Sexueller Missbrauch, schallende Ohrfeigen, Prügel mit Skistöcken, geplatzte Trommelfelle  an mehr als 100 Klosterschülern sollen über Jahrzehnte das Leben in Ettal bestimmt haben. Täter waren rund 15 Patres, wovon 2016 der letzte zu einer Freiheitsstrafe von 7 Jahren verurteilt wurde. Nicht alle Täter konnten ermittelt werden. Der Verdacht lag nahe, dass das katholische Bistum Taten verschleiert und Täter geschützt hat. Bis heute wird bei der Aufklärung gemauert, Entschädigungszahlungen werden nur schleppend ausgezahlt und es wird auf Einzelfälle verwiesen.  Ich aber frage mich, wie viel Einzelfälle  müssen noch geschehen, das die katholische Kirche endlich erkennt, das sie mit sexuellen Missbrauch von Kindern ein ernstes Problem hat.

Neuschwanstein-Deutschlands Märchenschloss

Heute  fahren wir nach Schwangau, zum Schloss Neuschwanstein. Vom Alpenvorland ist schon früh die Silhouette des Schlosses zu sehen. Von Minute zu Minute wird das Verkehrsaufkommen größer. An der Basisstation angekommen, wir befinden uns jetzt ungefähr 300m unterhalb des Märchenschlosses, hat man den Eindruck Horst Seehofer hat die Grenzen geöffnet. Japaner, Koreaner, Chinesen, Amerikaner und auch viele Europäer tummeln sich am Ticketschalter.
Wir haben uns entschieden  die 300 Höhenmeter zu Fuß zu gehen. Nach 500 Meter , starker Steigung und 36 Grad hat der Hund gestreikt, sich hingelegt und gemeint „Bis hier, aber auch nicht weiter“. 
Also zurück, wir nehmen den Bus. Am Busschalter ein großes Schild „Hunde werden nicht mitgenommen“.
Jetzt bleibt nur noch die Pferdekutsche, aber dafür einen Kredit aufnehmen? Niemals!  
Was nun? Wir entscheiden, Helmut soll alleine mit dem Fahrrad versuchen die Bergstation „Marienbrücke“ zu erreichen. Wie man auf den Bildern sieht, er hat es geschafft.
Für Behinderte mit Hund führt kein weg nach oben. Eigentlich Schade.

Deutschlands industrialisierter Berg

Heute waren wir auf dem höchsten Berg Deutschlands. Die Zugspitze mit ihren stolzen 2962 m und seit der Reichsgründung 1871 ein Nationalheiligtum. Wir sind bei gutem Wetter mit der neuen Seilbahn hochgefahren.  Weltrekorde werden ja gebraucht, damit die Welt begreifbar wird, und die Seilbahn hat gleich drei davon. Mit 1945m höchster Gesamtanstieg, mit 127m höchste Stahlbaustütze und mit 3213m  das längste Seil ohne weitere Stütze.
Oben angekommen fällt der erste Blick auf das Gipfelkreuz, das neugierige Besucher sogleich erklimmen möchten, sich dabei übernehmen, um dann frustriert auf das sichere Stahlbetonplateau zurückzukehren. 
Nebenbei erfahre ich noch, dass nicht das Gipfelkreuz der höchste Punkt Deutschlands  ist, sondern der Baukran der Firma Liebherr.  
Ließe sich am Gipfel noch etwas bauen, was heute noch nicht da ist? Vielleicht eine Multiplexkino, eine Spielbank oder VIP Kabinen, die betuchten Besuchern auch bei schlechten Wetter eine warme Aussicht ermöglichen. Da sind wohl, denke ich, nach oben keine Grenzen gesetzt.
Die Zugspitze, Deutschlands industrialisierter Berg!

Mit Helmut im berühmtesten Wirtshaus der Welt

 

Die Existenz des Hofbräuhauses verdankt die Stadt Wilhelm V., der Bayern mit hohen Schulden belastete und deshalb nach Wegen suchte, die Ausgaben zu senken. Wilhelm, genannt "der Fromme", hatte sich finanziell mit dem Bau der prächtigen Michaeliskirche verausgabt, die er den Jesuiten zum Geschenk machte.
1589 legten ihm seine Räte ein Gutachten mit möglichen Sparmaßnahmen vor. Einen Vorschlag  fand der Herzog besonders gut. Ein eigenes Brauhaus für den Bayerischen Hofstaat. Wilhelm wollte den Gerstensaft nicht mehr für teures Geld aus Einbeck in Norddeutschland importieren oder von privaten Brauereien kaufen.
Zur Freude des Herzogs gingen die Ausgaben bei Hofe tatsächlich zurück. Schon 1680 brachte das Biergeschäft eine Jahresrendite von 210.000 Gulden ein.
Der renommierte Architekt Max Littmann, baute das Hofbräuhaus zu einem Bierpalast um. Das Herzstück, die Schwemme mit einem neun Meter hohen Gewölbe, bietet Platz für 1000 Gäste.
Bis zu 35.000 Gäste kommen täglich zum Platzl unweit des Marienplatzes. Jährlich gehen 160.000 Knödel über den Tresen. Und legt man alle Würstl, die dort in zwölf Monaten verspeist werden, aneinander, so ergäbe das eine Strecke von 6500 Kilometern.
Tausende Amerikaner, Japaner, Koreaner und Chinesen zwängen sich auf die engen Bänke, genießen Weißwurst mit Brezel und Hendl mit Klößen. Dabei wird das erste Mass getrunken. wobei der Eindruck entsteht, dass die Gläser größer sind, als die Körpergröße manches japanischen oder chinesischen Besuchers. Frag man, warum sie hier sind, natürlich wegen der Lederhosen, Dirndl, der Musik und weil das Bier so gut ist.
Ich habe mit Helmut heute einen Abend im Hofbräuhaus verbracht. Wir hatten eine Riesen-Gaudi bei geschätzten 1,3 Promille.

Ein Fliegenschiss der deutschen Geschichte

Die Nürnberger Reichsparteitage der NSDAP während des Dritten Reiches gehörten zu den größten Veranstaltungen der Nazi-Diktatur überhaupt. Hier inszenierte sich die Nazibewegung und ihren Führer im September jeden Jahres in einem mehrtägigen Spektakel von pseudoreligiösen Inszenierungen und Aufmärschen. Zehn Parteitage veranstaltete die NSDAP zwischen 1923 und 1938. Vier in der Zeit der Weimarer Republik, sechs während des „Dritten Reiches“.
Nürnberg war im Mittelalter einer der bedeutendsten deutschen Städte im ersten deutschen Reich. Hier fanden damals die  kaiserlichen Reichstage statt. 
Schon in den zwanziger Jahren wurden am Dutzendteich Parteitage der NSDAP inszeniert, oft überschattet von blutigen Auseinandersetzungen zwischen rechten und linken Gruppierungen. Nürnberg war dazu noch eine Hochburg des Antisemitismus.
Die örtliche Polizei war der NSDAP wohl gesonnen, und nirgendwo während der Weimarer Republik erreichte sie zu den Reichstagswahlen bessere Ergebnisse als hier in Franken. 
Hinzu kam noch, dass der örtliche  Frankenführer Julius Streicher, Herausgeber des Hetzblattes„ Der Stürmer“ einen gut funktionierenden Parteiapparat aufgebaut hatte. Alle diese Gründe führten dazu, dass Hitler sich für Nürnberg entschied. So wurde aus dem sozialdemokratischen und protestantischen Nürnberg  die Stadt der Reichsparteitage.  Auf dem Parteitag 1935 wurden hier die „Die Nürnberger Gesetze erlassen, die bis zum Schluss des Krieges für 10 Millionen Juden, politisch Verfolgte, Behinderte und Homosexuelle der sichere Tod bedeutete. 
Was sagte Herr Gauland von der AFD: „Ein Fliegenschiss in der deutschen Geschichte“ Ich frage mich, was im Augenblick mit unserem Land passiert.

Nürnberg

Nach 6 Stunden Autofahrt in Nürnberg angekommen. Wotan geht es gut, aber er ist sehr müde. Morgen werden wir  das Reichstagsgelände besuchen, um uns ein Bild zu machen, warum die Nationalsozialisten gerade Nürnberg für dieses "Event" ausgesucht haben.

Keine Alternative für Deutschland

1500 km bin ich bis heute durch Ostdeutschland getourt. Von der Ostseeküste über den Harz, weiter durch Thüringen, Sachsen-Anhalt, Sachsen und Brandenburg bis hoch nach Vorpommern. Nationalsozialismus, DDR und die Versprechungen der Wende haben dieses Land geprägt. Wir nannten es  lapidar „Dunkeldeutschland“  spotteten und machten unsere Witze. Einer davon ist noch bei mir hängen geblieben:  „Wie macht man aus einer Banane einen Kompass? Man legt sie auf die Mauer, dort wo abgebissen wird, ist Osten“. Zugegeben, ich habe auch gelacht, aber war das fair. Der Sozialismus wollte  aus ihnen bessere Menschen machen, wollte den Egoismus überwinden, ist aber letztlich am eigenen Egoismus und seiner Unfähigkeit den Menschen Freiheit zu geben gescheitert. Nach der Wende kam die Westdeutsche Gier, die dafür sorgte, dass die Rosinen in den Westen verschwanden. Dazu auch noch Schröders Agenda. Zwei Millionen Menschen haben seit 1991 die neuen Bundesländer verlassen. Übrig blieb ein Land ohne Arbeit und Perspektive. Es ist schön in einem sanierten Haus zu wohnen, aber man muss auch die Miete bezahlen können. Es ist schön den westlichen Luxus jeden Tag zu sehen, aber man muss ihn auch bezahlen können. Sicher, in den letzten 25 Jahren ist viel erreicht worden, Die Plätze der ostdeutschen Innenstädte erinnern an Theaterbühnen und Filmkulissen. Die Häuser sind wunderbar saniert, die Wege liebevoll mit den unterschiedlichsten Pflastersteinen ausgelegt, eigentlich könnte dieses Land zwischen Ostsee und Erzgebirge nicht schöner sein. Ein zartes Deutschland, schön und alt zugleich. Eines, das irgendwie vergessen wirkt und dadurch brutal. Thomas Mann hat nach der Bombardierung seiner Heimatstadt Lübeck gesagt: “Für Alles muss bezahlt werden“. Unsere Gesellschaft ist gerade dabei für die Fehler der Vergangenheit zu bezahlen. Hoffentlich wird der Preis nicht zu hoch.

Meine Reise durch Deutschland 2017

Sehnsuchtsort Hiddensee

 
Hiddensee, eine langgestreckte Insel westlich von Rügen, gilt als "Capri des Nordens". Die kleine Insel ist ein Sehnsuchtsort. Künstler wie Gerhard Hauptmann, Asta Nielsen, Joachim Ringelnatz, Albert Einstein, Gustav Gründgens und Thomas Mann machten die Insel berühmt. Hiddensee war ein Ort, zu dem man flüchtete, aber auch ein Ort, von dem man flüchtete, und ein Ort, auf dem Flucht verhindert wurde.
Zu Zeiten der DDR war die Insel eine Nische für Andersdenkende und Aussteiger. Für Menschen, die dem Alltag  der DDR und den Repressalien, unter denen sie litten, ein paar Tage entfliehen wollten.
Lutz Seiler schreibt in seinem Buch „Kruso“: „Wer hier in Hiddensee ist, hat das Land verlassen, ohne die Grenze zu überschreiten.“  
Viele wollten aber gerade diese Grenze überschreiten. Die dänische Insel Mön ist nur 50 Kilometer weit entfernt, bei klarer Sicht kann man sie sogar sehen. Mit viel zu kleinen Booten und selbst gebauten Surfbrettern hat man versucht, die 50 Kilometer Ostsee zu überwinden. Viele Boote kenterten bei Sturm und rauer See, und die Flüchtenden starben an Erschöpfung und Unterkühlung. Die Zahl der Todesopfer ist nicht bekannt. Das Meer kennt keine Zeugen. Auf einem kleinen Friedhof auf Mön sind einige Opfer begraben. 
Diese Menschen gingen dreimal verloren, einmal vor ihrer Flucht, als sie alle Spuren verwischten, um niemanden zu belasten, einmal auf ihrer Flucht übers Meer und schließlich als Tote, die ohne Namen bestattet wurden.
Ich hätte mir eine Gedenktafel oder einen Gedenkstein auf Hiddensee gewünscht, auf denen an diese Menschen erinnert wird. Leider Fehlanzeige. Was ich an Erinnerung finde, hat irgendwie immer mit Gerhard Hauptmann zu tun. Ein bisschen Erinnerung zu wenig!

Herr von Ribbeck im Havelland

Ein Gedicht machte das kleine Dorf Ribbeck im Havelland berühmt. Ausgedacht und Aufgeschrieben von Theodor Fontane im Jahre 1889. Ich habe es als Sechstklässler, wie viele andere Leser sicher auch, in der Schule lernen müssen. Es war  eines der wenigen Gedichte in meiner Schulzeit, wo mir das Auswendiglernen keine Mühe, sondern sogar etwas Spaß  gemacht hat.
Meine Lesart des Gedichts ist heute sicher eine andere als vor 50 Jahren, aber schon damals erkannte ich in Fontanes Gedicht, dass die wahren Tugenden eines Menschen Weitsicht und Großherzigkeit sind. Tugenden, die in unserer Gesellschaft Mangelware geworden sind. Dem Erfinder des Werbeslogans „Geiz ist geil“ würde ich empfehlen die Ballade öfter zu lesen.
Heute ist Ribbeck mit Birnen gesegnet, überall im Dorf trifft man auf Birnenbäume. Die Ribbecker haben fleißig gepflanzt. Ohne die Früchte geht in Ribbeck wirklich nichts. Torte ohne Birnen? Unbekannt. Es gibt Birnensaft, Birnenschnaps, Birnenseife, Postkarten mit Birnen und Birnenessig, der von der heute noch existierenden Familie von Ribbeck in der Alten Brennerei hergestellt wird.
Der Baum aus dem Gedicht stand bis 1911, als ein Sturm über das Dorf fegte und ihn fällte. Sein Stumpf ist heute noch in der orange gestrichenen Dorfkirche zu besichtigen.
In dem im Sommer 2009 wieder eröffneten heutigen Schloss Ribbeck befindet sich ein Restaurant, ein Museum und ein Trauzimmer. Es dient auch als Kulturzentrum und wird für die verschiedensten Veranstaltungen genutzt.
Ribbeck, das Dorf, ist herausgeputzt wie nicht viele der winzigen Dörfer Brandenburgs. Und das alles wegen ein paar Zeilen Literatur. 

Herr von Ribbeck auf Ribbeck im Havelland

 

Herr von Ribbeck auf Ribbeck im Havelland,
Ein Birnbaum in seinem Garten stand,
Und kam die goldene Herbsteszeit
Und die Birnen leuchteten weit und breit,
Da stopfte, wenn's Mittag vom Turme scholl,
Der von Ribbeck sich beide Taschen voll.
Und kam in Pantinen ein Junge daher,
So rief er: »Junge, wiste 'ne Beer?«
Und kam ein Mädel, so rief er: »Lütt Dirn,
Kumm man röwer, ick hebb 'ne Birn.«

So ging es viel Jahre, bis lobesam
Der von Ribbeck auf Ribbeck zu sterben kam.
Er fühlte sein Ende. 's war Herbsteszeit,
Wieder lachten die Birnen weit und breit;
Da sagte von Ribbeck: »Ich scheide nun ab.
Legt mir eine Birne mit ins Grab.«
Und drei Tage drauf, aus dem Doppeldachhaus,
Trugen von Ribbeck sie hinaus,
Alle Bauern und Büdner mit Feiergesicht
Sangen »Jesus meine Zuversicht«,
Und die Kinder klagten, das Herze schwer:
»He is dod nu. Wer giwt uns nu 'ne Beer?«

So klagten die Kinder. Das war nicht recht -
Ach, sie kannten den alten Ribbeck schlecht;
Der neue freilich, der knausert und spart,
Hält Park und Birnbaum strenge verwahrt.
Aber der alte, vorahnend schon
Und voll Mißtrauen gegen den eigenen Sohn,
Der wußte genau, was er damals tat,
Als um eine Birn' ins Grab er bat,
Und im dritten Jahr aus dem stillen Haus
Ein Birnbaumsprößling sproßt heraus.

Und die Jahre gehen wohl auf und ab,
Längst wölbt sich ein Birnbaum über dem Grab,
Und in der goldenen Herbsteszeit
Leuchtet's wieder weit und breit.
Und kommt ein Jung' übern Kirchhof her,
So flüstert's im Baume: »Wiste 'ne Beer?«
Und kommt ein Mädel, so flüstert's: »Lütt Dirn,
Kumm man röwer, ick gew' di 'ne Birn.«

So spendet Segen noch immer die Hand
Des von Ribbeck auf Ribbeck im Havelland.

 

(Theodor Fontane)

Rheinsberg

Rheinsberg liegt am Grienericksee und dem Rheinsberger See in der Nähe von Ruppin in Brandenburg. Durch die kleine Stadt fließt der beschauliche Fluss Rhin. Am Grienericksee steht das imposante Rheinsberger Schloss. Besonders schön fand ich den Marktplatz, wo Linden Schatten spenden und kleine Biergärten zum Verweilen einladen. Rheinsberg ist einen Besuch wert. 
Zwei Persönlichkeiten, die gar nicht unterschiedlicher sein könnten, haben Rheinsberg geprägt. Friedrich der Großen und Kurt Tucholsky. Der Erste führte lange und ausgiebige Kriege, der Zweite war Pazifist. Der Erste preußischer König, der Andere überzeugter Gegner der Monarchie. Beide hatten eines gemeinsam: die Liebe zu Rheinsberg.
Friederich der Große lebte von 1736 bis 1740 im Schloss Rheinsberg. Er verlebte hier, so sagt man, die glücklichsten Jahre seines Lebens. Das Schloss schenkte er später seinem Bruder Heinrich, der hier sein ganzes Leben verbrachte. Das Schloss steht seit 1991 Besuchern wieder offen. Von 1953 bis 1990 war es ein Sanatorium für Diabetiker. Inzwischen sieht vieles wieder so aus wie im 18. Jahrhundert. Auch der  Spiegelsaal ist wieder zugänglich. Bereits seit 1991 ist im Obergeschoß des Schlosses eine Kurt Tucholsky Gedächtnisstätte mit einem Museum eingerichtet.
Kurt Tucholsky verlebte 1911 mit seiner Frau Else in Rheinsberg einige schöne Urlaubstage. Zurück in Berlin schrieb er dann seine berühmte  Novelle „Rheinsberg"   "Ein Bilderbuch für Verliebte“. Ich lege jedem ans Herz falls er das kleine Büchlein noch nicht gelesen hat es unbedingt nachzuholen. Es ist ein Prosatext, der glaubhaft und kompromisslos den reaktionären Geist, die verbohrte Vaterlandsliebe und die militärische Gesinnung der Deutschen aufs Korn nimmt, gleichzeitig aber auch für das kleine Glück von Verliebten wirbt. „Rheinsberg“ wird ein großer Publikumserfolg.
Erich Kästner schrieb über das Buch: "Ein kleiner dicker Berliner wollte mit seiner Schreibmaschine eine Katastrophe aufhalten."

Die "Relativät" aus Caputh

 

Sei ein gutes faules Tier
Streck alle Viere weit von Dir.
Komm nach Caputh, pfeif auf die Welt,
Und auf Papa, wenns Dir gefällt,
mit diesem kleinen Gedicht lud Albert Einstein seinen Sohn Eduard zu einem Besuch in seiner neuen Sommerresidenz ein. 1929 hatte der Physiker sechs Kilometer südlich von Potsdam ein Holzhaus errichten lassen, nahe am Wald, mit Blick über den Templiner- und den Schwielow-See. Das Einsteinhaus in Caputh wird von dem Architekten Konrad Wachsmann entworfen und gebaut. Von Caputh aus korrespondierte Einstein mit bedeutenden Politikern und Denkern in aller Welt, darunter Mahatma Gandhi, den er in seinem gewaltlosen Widerstand unterstützte
Albert Einstein bewohnt das Haus mit seiner Frau Elsa in den Sommermonaten bis zum Herbst 1932. Sie verleben dort glückliche Zeiten.
Als die Nazis im September desselben Jahres Deutschlands zweitstärkste politische Partei wurden, indem sie sich 107 Sitze im Reichstag sicherten, erklärte Einstein ihren Sieg zu einer "Kinderkrankheit der Republik". Als sich die Lage  jedoch nicht deutlich verbesserte, erkannte er, dass diese Krankheit so schnell nicht zu kurieren ist.  Am 6. Dezember 1932 verließen die Einsteins Caputh, um nach Pasadena zu reisen, wo Einstein zwei Monate lang Gastvorlesungen am California Institute of Technology hielt. Als er das Haus abschloss, soll er zu Elsa gesagt haben, sie solle noch einmal einen letzten Blick darauf werfen, da sie es nie wieder sehen würde. Von da an hat er seine Heimat nie wieder betreten.
Nach dem Krieg unternahmen die Bundesrepublik sowie auch die DDR Versuche Einstein wieder nach Deutschland zurück zu holen. Er hat diese Versuche nie beantwortet und blieb in den USA.
Einstein der Physiker, der Jude. Einstein der politische Mensch, der seine Gäste zu Hause immer barfuß empfing mit dem Satz „ Wenn sie meine Kleidung sehen wollen, mache ich den Kleiderschrank auf“
Der Nonkonformist, der auf die Frage „Glauben Sie an Gott“ antwortete: „Ich glaube an  Gott, der sich in der Harmonie des Seienden offenbart, nicht an einen Gott, der sich mit Schicksalen und Handlungen der Menschen abgibt“. Für ihn waren die Naturwissenschaften ohne Religion lahm, und die Religion ohne Naturwissenschaften aber blind. Über seine Relativitätstheorie schrieb er mal:
„Wenn man zwei Stunden lang mit einem Mädchen zusammen sitzt, meint man, es wäre eine Minute vergangen. Sitzt man jedoch eine Minute auf einem heißen Ofen, meint man, es wären zwei Stunden. Das ist Relativität.“

Der "Parkomane" und das Eis

Fürst-Pückler-Eis glaubt jeder zu kennen. Doch das täuscht. Seine Herkunft und seine ursprüngliche Gestalt liegen im Dunkeln und sind nicht zweifelsfrei geklärt.
Seine Eiskreation machte den Parkgestalter und Reiseschriftsteller Hermann von Pückler-Muskau (1785–1871) berühmt. Während seine atemberaubende Parkanlage in Bad Muskau nur etwa 8 Prozent der Bevölkerung kennen, kennt das Fürst-Pückler-Eis jeder zweite Bundesbürger.
Jedoch, das Original ist nicht blaublütiger Abstammung, und es handelt sich dabei auch nicht um Erdbeer-, Vanille- und Schokoladeneis, das zwischen zwei pappige Waffeln geklemmt wird. Vater der fürstlichen Eisspeise war der Konditormeister Schultz aus Berlin.
Pückler hielt sich oft in Berlin auf, wo er in der Straße „Unter den Linden“ residierte. Er machte sich einen Namen durch für jene Zeit linksextreme Positionen. Er forderte eine Verfassung und die Einführung der konstitutionellen Monarchie. 1834 erschien sein Buch mit dem Titel „Tutti Frutti“ mit politischen Leitartikeln, Erzählungen und Aphorismen. Er lehnte die Sklavenhaltung ab, und setzte sich für die Trennung von Kirche und Staat ein. Oft besuchte er das Cafe „Kranzler", damals noch Unter den Linden, wo  eine  Halbgefrorene  Süßspeise mit dem Namen „Tutti Frutti“ angeboten wurde. Nach der Veröffentlichung seines Buches soll sich der Umsatz verdoppelt haben. Davon war  Konditormeister Schultz so beeindruckt, das er den Fürsten um Erlaubnis bat seine Kreation Fürst Pückler zu nennen.
Für alle, die nicht nur wissen wollen, wo der Name des Eises herrührt , sondern es auch kosten wollen, hier das Rezept:
Die weiße Farbe
Ananassahne: 100 g steife Sahne mit 15 g kleingehackten, in Läuterzucker blanchierten Ananasstückchen und etwas Saft derselben.
Die rote Farbe
Erdbeersahne: 100 g steife Sahne mit 15 g gesüßtem Erdbeermark und eine kleingehackte Schokoladenmakrone.
Die schwarze Farbe
Schokoladesahne: 25 g aufgelöste Kuvertüre rührt man mit 15 g Läuterzucker an und vermengt sie mit 100 g geschlagener Sahne, als Gewürz etwas Vanillezucker.
Zubereitung
300 g Sahne steif schlagen und 75 g Staubzucker darunterziehen. Die Sahne teilt man in drei gleiche Teile, gibt jedem Teil die entsprechende Farbe und den Geschmack, wie vorstehend beschrieben, und füllt sie lagenweise in eine längliche Form
Das Gefrieren erfordert 2 - 3 Stunden. Danach stürzt man die Form, schneidet 6 Schnitten davon und tunkt dieselben in lauwarme, starkverdünnte Kuvertüre.
Guten Appetit
Danach schmeckt ein fruchtiger Grappa.

Zittau - Stadt im östlichen Zipfel Deutschlands

Jeder kennt in Sachsen die Städte Dresden, Bautzen, Meißen und Görlitz. Aber wo in aller Welt liegt Zittau?
Eigentlich sollte die 50.000 Einwohner Stadt dem DDR-Braunkohleabbau weichen. Doch weil in Berlin die Mauer fiel, blieb Zittau stehen. Die Grube ist heute der Olbersdorfer See. Ein Naherholungsgebiet mit einem schönen Campingplatz, wo auch ich mein Zelt aufschlage.
Eine Autobahnabfahrt Zittau gibt es nicht, und auf einen IC wartet man am Bahnhof vergeblich. Ich nähere mich Zittau über eine Landstraße, die mich durch das Oberlausitzer Hügelland führt. Am Horizont erkenne ich schon bald aus der Ferne das Zittauer Gebirge. Es ist das kleinste Mittelgebirge Europas. An den Südhängen liegt Tschechien.
Die Bürgerhäuser um den Zittauer Markt waren nach der Wende in ihrer Originalsubstanz erhalten, und wurden mit viel Liebe restauriert. Saniert wurden auch das gewaltige Speicherhaus und die gotische Kreuzkirche, wo in einer neun Meter hohen Glasvitrine das drittgrößte Fastentuch der Welt aus dem Jahre 1472 ausgestellt ist.  Die Hauptkirche St. Johannis hat der berühmte Berliner Architekt Karl-Friederich Schinkel entworfen. Sie ist eine der wenigen Kirchen in Deutschland, in der sich noch eine Türmerwohnung befindet. Aus über 60 Meter Höhe lässt seit kurzem wieder der Türmer drei mal täglich seine Trompete über der Stadt erklingen. In dieser Kirche wurde genau vor 80 Jahren mein Schwiegervater konfirmiert. Heute wird die Kirche für kulturelle Veranstaltungen und von der evangelischen Kirchengemeinde Zittau genutzt.
Nicht zu vergessen ist die Zittauer Schmalspurbahn, deren Gleise sich durchs Zittauer Gebirge schlingen und mich bis in den Kurort Oybin bringen, dessen gleichnamiges Sandsteinmassiv Caspar David Friedrich zu seinem Werk Kreuz im Gebirge inspiriert haben soll.
Wer sich in Zittau und seinem Gebirge wohlfühlen will, braucht nur ein wenig Initiative, Lust auf frische Luft und Offenheit für die Menschen in einer Gegend, die eigentlich keiner kennt.

Von Zweien, die auszogen ein E-Auto zu kaufen

Am Wochenende haben Ute und ich beschlossen ein Wagnis der besonderen Art einzugehen. Wir wollen uns ein E-Auto kaufen, ein Auto mit 0 Emission, ein Auto, dass das Autofahren wieder zum Erlebnis werden lässt. Noch herrscht in unseren Köpfen ein Bild des Grauens. Ein Auge auf die Straße, das andere immer auf die Ladeanzeige gerichtet, wo wir beobachten müssen, wie sie von Kilometer zu Kilometer schrumpft. Piepende und blinkende Warnsignale hetzen uns auf der verzweifelten Suche nach Ladestationen, während wir mit Schweißperlen auf der Stirn bei ausgeschaltetem Licht und ohne Klimaanlage die letzten Kilometer aus dem Akku quetschen. Tanken, oder besser Aufladen muss es nun heißen, dauert wie in den Kinderzeiten des Automobils geschlagene 30 Minuten. Und das auch nur, wenn man  eine der 400 Schnellladestationen in Deutschland findet. Sollte man nicht zu den Glücklichen gehören, kann man sich ein gutes Restaurant suchen, genießt in Ruhe das 5 Gänge Menü, um dann nach einigen Stunden entspannt weiter zu fahren. Reisen, wie zu Goethes Zeiten, für uns eine traumhafte wie erschreckende Vorstellung. Trotz aller Zweifel, wir wollen das Risiko eingehen.
Unsere erste Station, die Erfinder der Schummel-Software Volkswagen.
Der Händler empfängt uns freundlich (er weiß ja noch nicht, was wir kaufen wollen). Unser Ansinnen, das wir uns für den E-Golf interessieren, wird mit einem kurzen, aber sehr erstaunten Blick (wir kennen diesen Blick doch von den Smileys) quittiert.  Nicht wirklich, oder? Man schleicht hinter den Schreibtisch, tippt auf der Computer Tastatur und findet nach längerer Recherche das Objekt der Begierde. „Sie wissen, die Reichweite wird mit 300 km angegeben, aber im täglichen Gebrauch sind höchstens 200 km drin, in der kalten Jahreszeit noch weniger“ schleudert es uns entgegen. Der Preis wird uns auch gleich genannt: 36800 €. "Für den Preis bekommen Sie schon einen gut ausgestatteten Passat". Verkaufsstrategie sieht anders aus. Eine stolze Summe für einen kleinen Golf. Mit ein paar Extras schrammen wir die 40000 € Marke.  Auf die Frage, welche Rabatte wir bekommen, werden uns Schäubles 2000 € und 2000 € Umweltprämie von Volkswagen genannt. „Mehr Rabatt gibt es nicht“. Auf meinen Einwand hin, dass ich als Schwerbehinderter beim Kauf eines Diesel- oder Benzin Models 15 % Preisnachlass erhalte, wird wieder der Computer bemüht. Die Tastatur klickt, leises Fluchen und Stöhnen, nach fünf geschlagenen Minuten werden uns 10 % angeboten.
Fazit: Das Auto kostet nach Abzug alle Rabatte 33000€. Für das gleich ausgestattete Benzin Model bezahlen wir 23000 €, für den Diesel 24000€.  Ein Unterschied von 10000 €. Ein wenig genervt und frustriert verlassen wir das Autohaus.
Wir ziehen weiter, unser nächstes Autohaus "Renault".

"Exerzitium" in Bayreuth

 

So wie jedes Jahr sind Ute und ich auch diesmal zu den Bayreuther Festspielen aufgebrochen. „Parsifal“, das Bühnenweihfestspiel, wird zum Besten gegeben.
Wagner in Bayreuth heil zu überstehen, bedarf masochistischer Leidensfähigkeit. Am Anfang denken wir immer, so schlimm wird es diesmal schon nicht werden, was sich aber sehr schnell als falsch heraus stellt. Nein, es geht immer noch schlimmer. Spätestens wenn die Temperaturen die 30 Grad Marke überschreiten, der Sauerstoffgehalt der Luft gegen Null tendiert, spätestens dann beginnt der Kampf mit uns selbst. Es beginnen die Stunden des „Exerzitiums“. Die Sitzflächen sind dünn gepolstert, die Bandscheibe drückt, der Rücken und das Gesäß schmerzen, die Knie stoßen gegen die Rückenlehne des Vordermanns, jede unserer Bewegungen werden an die Nachbarn weitergegeben, von wo sie dann um so heftiger wieder zurückkommen.
In den zwei einstündigen Pausen schleichen wir beiden Besucher durch den angrenzenden Park, bewaffnet mit einem Picknickkorb, in dem sich pastellfarbene Tupperware mit allerlei Köstlichkeiten befinden. Gestärkt  und voller Hoffnung, es möge nun besser werden, geht es dann weiter zum zweiten und dritten Akt. Die Hoffnung trügt, das „Exerzitium“ kehrt zurück.
Der Leser wird nun fragen, warum tut ihr euch das an?
Die hinreißende Musik Richard Wagners, die besten Wagner Sänger- und Sängerinnen, die überwältigenden Bühnenbilder und nicht zuletzt die Akustik des Hauses werden uns auch im nächsten Jahr wieder an den Bayreuther Festspielen teilnehmen lassen. Und wir werden, wie jedes Jahr, das „Exerzitium“ genießen.

"Der Parthenon der Bücher

Der Parthenon der Bücher von der argentinischen Künstlerin Marta Minujin ist ein Highlight der Documenta in Kassel. 70 Meter lang, 30 Meter breit und 20 Meter hoch ist das Kunstwerk und hat damit  die Maße des antiken Parthenon Tempels auf der Akropolis in Athen. Es ist behängt mit 50000 Büchern, die irgendwo in der Welt verboten sind oder es einmal waren. Es ist ein Kunstwerk gegen die Zensur. Der Parthenon schlägt dabei eine Brücke zur "Wiege der Demokratie" nach Griechenland.
Viele dieser Bücher wurden von den Nazis genau hier auf dem Friedrichsplatz in Kassel verbrannt. Am 19. Mai 1933 hat die SA und SS vor 30000 Schaulustigen tausende Bücher in Flammen aufgehen lassen.
Als ich vor diesem überwältigenden Kunstwerk stehe, entdecke ich "Tom Sawyer und Huckleberry Finn", die Märchen der Brüder Grimm, "Harry Potter“, „Der Kleine Prinz" ,Erich Kästners "Emil und die Detektive", Goethes „Faust“, „Die Leiden des jungen Werther“ und die Bibel.  Alles Bücher, die irgendwo auf der Welt verboten sind oder waren.
In einem symbolischen Akt werden am Ende der Documenta die verbotenen Bücher unter den Besuchern verteilt und somit der Öffentlichkeit wieder zugänglich gemacht, als symbolisches Zeichen gegen Zensur und für die Pressefreiheit.

Mit Old Shatterhand in Radebeul

 

Es gibt wohl kaum jemanden, der sie in seiner Jugend nicht  gelesen hat. Es gibt wohl kaum jemanden, der sie in seiner Jugend gelesen hat, und sie nicht faszinierend fand.  Die Geschichten von Winnetou und Old Shatterhand, Kara Ben Nemsi und seinem Diener Hadschi Halef Omar. Von wem spreche ich?  Natürlich von Karl May.

 

Nicht nur ich, sondern Millionen anderer verschlangen seine spannenden Abenteuergeschichten. In 33 Sprachen sind seine Werke bis heute erschienen, sie haben weltweit eine Auflage von etwa 200 Millionen Büchern erreicht. Das schaffte bislang kein anderer deutscher Schriftsteller.

 

Natürlich musste ich nach Radebeul, der Karl May Stadt Sachsens.  Ich wollte noch einmal eintauchen in seine Geschichten aus fernen Ländern, spüren, wie es damals war, als ich im Bett Karl May verschlungen habe.

 

In einer kleinen Nebenstraße finde ich ein unscheinbares Haus, würden da nicht goldene Buchstaben am Giebel anzeigen, dass es sich um die „Villa Shatterhand“ handelt. So nannte er sein Wohnhaus, hier lebte er, und hier ist er auch mit 70 Jahren 1912 gestorben. Das Haus beherbergt seit 1928 ein Museum. Seine leiblichen und geistigen Erben haben dort vieles aus Leben und Werk des im Jahre 1842 geborenen Karl May zusammengetragen. Hier finde ich die berühmten Gewehre von Winnetou und Old Shatterhand, die Silberbüchse, den Bärentöter und den Henrystutzen. Ich finde sein Arbeitszimmer, in dem er sich seine Geschichten ausgedacht hat. Die Ausstellungsräume zeichnen sein Lebensweg nach, der von einer Lehrerausbildung über kleinkriminelle Ausrutscher bis zum weltweit berühmten Schriftsteller und Pazifisten führt.

 

Das Museum ist sehr schön und versetzt mich in meine Kindheit. Es lässt mich ein wenig spüren, wie es damals gewesen sein muss, als wir Kinder Cowboy und Indianer spielten. 

Der Schwanenritter aus Sachsen

In Pirna, unweit von Dresden, befindet sich das Lohengrinhaus.  Während seiner Zeit als Hofkapellmeister in Dresden nahm Richard Wagner hier im Sommer 1846 für einige Wochen „Urlaub“, um seine Oper Lohengrin zu vollenden, die er 1845 in Marienbad konzipierte. Bis Juli 1846 entstanden hier wesentliche Teile der Lohengrin-Komposition. Dieses wunderbare Werk, Gipfel der deutschen Romantik, von der Richard Strauss sagte: „Sie sei nie übertroffen worden, und wahrscheinlich unüberbietbar“. Unweit von hier finde ich das Jagdschloss Graupa, in dem ein Richard Wagner Museum untergebracht ist. Unter dem Motto: "Alle Welt hat eine Meinung zu Richard Wagner, aber seine Musik verstehen die wenigsten", sollen hier die Wagner´schen Klänge multimedial erlebbar gemacht werden. Schon beim Betreten des Gebäudes überwältigt mich ein "Klang-Bad", was ebenso vielfältig wie vielschichtig ist, und die gesamte Skala menschlichen Empfindens widerspiegelt.   
Bis heute scheiden sich an der Person Wagner die Geister, er, der zeitlebens jüdische Freunde hatte und doch Antisemit war. Für mich ist er trotz vieler Widersprüche, der größte Musikdramatiker, den Deutschland hervorgebracht hat. Er, der das Kunstwerk der Zukunft schuf, er, der Musik, Darstellung und Dichtung zu einem Gesamtkunstwerk zusammenfügte.
Thomas Mann schrieb über Wagner: „Was ist es eigentlich, das Wagners Welten dem Publikum stets auf Neue so taub vor Hass oder so blind vor Liebe erscheinen lässt? Kann man sein Interesse auf Wagner richten, ohne dass das Objekt der Begierde in einem Gemisch aus Ideologie, Vorurteil und dem Gefühl der Überwältigung versinkt?“
Ich kann es nicht!
Meine Frau und ich fahren, wie jedes Jahr, am 14. August zu den Bayreuther Festspielen und werden uns sein Spätwerk „Parsifal“ ansehen, und darauf freuen wir uns.

Hier lebt die Zeit

dieser Satz spiegelt die Besonderheit von Glashütte im Erzgebirge exakt wider. Das kleine Städtchen bildet das Zentrum der deutschen Uhrenindustrie. Hier werden Zeitmesser kreiert die weltweit ihresgleichen suchen.
1845 erblickte die Uhrenindustrie im Erzgebirge das Licht der Welt. Ferdinand Adolf Lange  eröffnet am 7. Dezember 1845 die erste Uhrenmanufaktur in Glashütte. 1851 wagt sich Lange mit seinen Uhren erstmals auf internationales Parkett. Er präsentiert die präzisen Uhren im Rahmen der Weltausstellung in London und findet große Anerkennung, die den Namen Glashütte zu weltweitem Ruhm verhilft.
Schon bald folgen ihm weitere bekannte Uhrmacher, und die Stadt entwickelte sich schnell zum Inbegriff des deutschen Uhrenbaus. Heute sind bekannte Manufakturen wie Lange, Union, Bruno Söhle, Original und Nomos aus diesem Ort nicht mehr wegzudenken. Die Geschichte und Faszination der mechanischen Zeitmessung habe ich im Deutschen Uhrenmuseum Glashütte erlebt. Unter dem Motto „Faszination Zeit – Zeit erleben“ werden dort auf zwei Etagen mehr als 450 einmalige Exponate präsentiert und multimedial erlebbar gemacht. Das Museum ist wirklich einen Besuch wert.
Ich merke immer mehr auf meiner Reise, je mehr neue Eindrücke ich erlebe,  desto mehr bleiben davon in meinem Gedächtnis hängen und lassen den verstrichenen Zeitraum rückblickend länger erscheinen.  Das Rasen der Zeit steht still.
Thomas Mann hat in seinem Zeitroman „Der Zauberberg“ geschrieben:
 „Leere und Monotonie mögen zwar den Augenblick und die Stunde dehnen, aber die großen und größten Zeitmassen verkürzen und verflüchtigen sie sogar bis zur Nichtigkeit.“ 
So empfinde ich im Moment auch.

"Banalität des Bösen"

„Hier fühlt man sich groß und frei wie die große Natur, die man vor Augen hat, und wie man eigentlich immer sein soll“, hat Goethe über den Ettersberg geschrieben. Gern wanderte er die acht Kilometer von Weimar hier herauf.
Teile des Ettersberg wurden 1937 gerodet, um an dieser geschichtsträchtigen Stelle das KZ Buchenwald zu bauen. Bis 1945 waren hier bis zu  270000 Menschen interniert worden. 60000 von ihnen überlebten das Inferno nicht. Es war das größte Konzentrationslager auf deutschem Boden.
Die Stadt Weimar lebt von ihrer Geschichte. Fast jedes Haus trägt eine Plakette: Hier hat Goethe gegessen, hier hat Schiller geschlafen, hier hat Liszt musiziert, hier hat Herder nachgedacht, hier hat van der Velde gewohnt, hier entstand das legendäre Bauhaus, hier wurde in der ersten Nationalversammlung die Weimarer Republik ausgerufen. Die Reihe ließe sich noch beliebig fortsetzen.
Als 1937 die Nazis das Konzentrationslager  auf dem Ettersberg errichteten, ging aus Weimar eine höchst kulturbeflissene Bitte an Heinrich Himmler. Das Lager solle bitte nicht Konzentrationslager Ettersberg heißen, weil auf ewig der Ettersberg mit dem Leben des Dichters Goethe in Zusammenhang steht. Dem Wunsch wurde entsprochen. Gegen die Errichtung des KZ protestierte niemand. Zwischen Weimar und dem Konzentrationslager gab es eine Vielzahl von wirtschaftlichen Kontakten. Mehr als 40 Weimarer Firmen unterhielten Geschäftsbeziehungen zum Lager. SS Männer verbrachten ihre Freizeit in der Stadt und viele heirateten Weimarer Frauen. Mehrmals täglich fuhr ein Bus nach Buchenwald. Die ganze Stadt hat von den Gräueltaten gewußt, die im Namen des deutschen Volkes auf dem Ettersberg begangen wurden.
„Wie war es möglich, dass diese Barbarei aus solch hoher Kultur hervorbrach“? frage ich mich. Am Ende muss ich wohl feststellen, dass die Barbarei  genau aus der Mitte dieser Kultur kam. Der Weimarer Ortsverband der NS-Kulturgemeinde zählte 1937 über 3000 Mitglieder, allesamt Bürger aus den besten Kreisen der Gesellschaft, darunter namhafte Goethe-Philologen. Die Nationalsozialisten feierten in Weimar ihre ersten großen Erfolge. 1926 wurde auf dem ersten Parteitag der NSDAP in Weimar die Hitlerjugend gegründet. Hitler weilte zigmal in der Stadt.
Nach dem Krieg versuchten dann die gleichen Bürger, das Gute und das Böse wieder zu entflechten. Wir haben voll all diesen Taten oben auf dem Berg nichts gewusst, war wohl der blödeste Entflechtungsversuch.
Das Eingangstor zum Konzentrationslager, vor dem ich stehe, trägt die Inschrift „Jedem das Seine“. Es ist der Titel einer Bachkantate.
Ich verstehe immer mehr, was Hannah Arendt mit dem Satz „Banalität des Bösen“ gemeint haben könnte.

Der "Erfurter Schatz"

 
Am Eingang zur Erfurter Waagegasse finde ich die „Alte Synagoge“. Sie ist die älteste erhaltene Synagoge Europas. Heute ist in ihr ein Museum untergebracht, in welchem der „Schatz von Erfurt“ aufbewahrt wird. Leider konnte ich mir nur die Bilder ansehen, weil der Hund das Museum nicht betreten durfte. Die Sonne war außerdem so stark, dass er nicht im Auto bleiben konnte.
1349 vergräbt der jüdische Kaufmann Kalman von Wiehe offenbar aus Angst vor Plünderungen seinen gesamten Besitz. Die Pest tobt, die Bürger der Stadt beschuldigen dafür die Juden und ermorden alle 900 Gemeindemitglieder. Nach dem Pogrom wurde die Synagoge aufgegeben und geriet danach in Vergessenheit. 500 Jahre lang diente sie als Lagerhaus. Ende des 19 Jahrhunderts wurde sie als Gaststätte umgebaut, im Keller entstand eine Kegelbahn So überstand sie auch unbeschadet den Nationalsozialismus. 1992 ergaben Bauuntersuchungen, dass das Gebäude vom besonderen kulturhistorischen Wert ist.  Die Stadt Erfurt kaufte den Gebäudekomplex auf, und begann 1998 mit der Sanierung. Durch Zufall wurde dabei der „Erfurter Schatz“  entdeckt. Er hat ein Gesamtgewicht von 30 kg, und besteht aus 3141 Silbermünzen, 14 Silberbarren und 700 Einzelstücken gotischer Goldschmiedekunst. 
Zusammen mit der erst kürzlich an der Krämerbrücke freigelegten Mikwe  (traditionelles Bad der Juden) will sich Erfurt als eines der wichtigen jüdischen Zentren im Mittelalter präsentieren. Für sein jüdisches Denkmal erstrebt die Stadt die Anerkennung als Weltkulturerbe.

Das Nietzsche Archiv in Weimar

 

Seit gestern sind Helmut und ich in Weimar, die Stadt der deutschen Klassik, die Stadt von Goethe und Schiller, von Herder, Schopenhauer, Liszt und Nitzsche. Aber auch eine Stadt mit düsterer deutschen Geschichte, dem KZ Buchenwald.
An unserem ersten Tag besuchen wir das Nitzsche Archiv. Wir sind die einzigen Gäste und Frau Praßl nimmt sich Zeit, und führt uns durch die Räume.
Im September 1896 zog die Schwester Nietzsches,  Elisabeth Förster-Nietzsche, mit dem Archiv nach Weimar um, und holte ihren kranken Bruder nach. Sie erwarb die am Stadtrand gelegene Villa Silberblick, die sie nach Plänen des belgischen Architekten Henry van de Velde  umgestaltete. Es entstanden ein neuer Portalvorbau, das Vestibül, ein Bibliotheks- und Vortragsraum sowie Arbeitsraum und Esszimmer für die Archivare.
Elisabeth Förster-Nietzsche beförderte den Kult um ihren Bruder als einen Propheten und Erneuerer. Mit fast krimineller Energie fälscht sie etliche originale Briefe und Werke Nietzsches, machte mit Tinte und Federmesser Texte des Bruders unleserlich, fügte Zusätze ein oder eliminierte Textpassagen. Sie wollte damit die Nähe Nietzsches zum Nationalsozialismus aufzeigen und Hitler beeindrucken, der das Archiv auch 1932 besuchte. 
Nietzsche selbst hat immer jede Nähe zum Totalitarismus abgelehnt.
Nietzsche, Sohn eines lutherischen Pfarrers aus dem sächsischen Röcken, stritt zeit seines Lebens mit Kirche und Christentum. Er war weder Atheist noch gläubiger Christ, und doch setzte er sich in sämtlichen seiner Schriften mit religiösen Themen auseinander.
Der Mensch lebt in einer Welt, die keinen höheren Sinn hat und letztlich sinnlos ist. Aus dieser Welt kann er sich nur mit guten Taten, Liebe und Mitleid befreien.  Nicht der Glaube, sondern das Tun ist ausschlaggebend. Nietzsche stellte sich  dieser Konsequenz immer wieder. Er sah sich oft in seinen Gedanken mit der Realität  Gottes konfrontiert, die er wahrscheinlich lebendiger wahr nahm als mancher Routine Gläubiger.
Über das Christentum schreibt er im seinem Werk „Der Antichrist“  „Es gab nur einen Christen und der starb am Kreuz, so wie er lebte ist christlich.  Das ursprüngliche Christentum  wird zu allen Zeiten möglich sein. Nicht der Glaube, sondern das Tun steht im Mittelpunkt des neuzeitlichen Menschen.“
Mit Moralpredigen und Dogmen werden die Menschen eingeschüchtert. Dadurch wird das Selbstwertgefühl im Namen Gottes unterdrückt, und sie werden zum Spielball von Autokraten. Gegen dieses Bollwerk manipulierter Macht im Namen der Religion rannte Nietzsche Sturm.
Dass aber Christen von Nietzsche nicht wenig lernen können, darüber besteht bei mir kein Zweifel. Gerade die Christenheit Europas braucht zur Selbstkritik und Selbstvergewisserung jene Religions-, Christentums- und Kirchenkritik von Friederich Nietzsche.

Von Jüterbog ins Paradies

Der Dominikanermönch Johann Tetzel zog im Frühjahr 1517 durch das Jüterboger Dammtor in die mittelalterliche Stadt ein. Ein begnadeter Redner, dessen aufsehenerregende Predigten große Mengen von Gläubigen anlockten. In Jüterbog soll der gewiefte Verkäufer einen Ablass unter die Leute bringen, der möglichst schnell viel Geld zum Bau des Petersdoms in Rom in die Kassen der Kirche spült. Die Belohnung ist ein päpstlicher Ablassbrief, mit dem man die Verbüßung von Strafen im Fegefeuer verkürzen oder umgehen kann. Und das nicht nur für sich selbst, sondern auch für seine verstorbenen Angehörigen. Dieser attraktive „heilige Handel“ zieht Gläubige in Scharen nach Jüterbog. Selbst aus dem 50 Kilometer entfernten Wittenberg kommen sie gepilgert. Das nun bringt Martin Luther, der in Wittenberg predigt und lehrt, gehörig auf die Palme. Seit längerem schon wettert er gegen den Missbrauch von Ablässen. Dass nun die Schafe aus seiner eigenen Herde in Jüterbog fremd weiden, wurmt ihn gewaltig. Und noch mehr, dass sie ernsthaft glauben, alle Sünden für ein paar Gulden und durch einen Fetzen Papier loszuwerden, setzt dem Ganzen die Krone auf. So schlägt er im Herbst 1517 seine Thesen an die Tür der Schlosskirche in Wittenberg. Allerdings gibt es dafür keinen historischen Beweis.
Bei meinem Rundgang durch die Altstadt finde ich eine verschlossene Nicolai-Kirche. Deshalb bleibt mir der Tetzel Kasten (hier drin soll er die Dukaten, die er mit dem Ablasshandel verdiente, aufbewahrt haben), und der Fegefeuer Altar von Lucas Cranach verschlossen. Auch die Ausstellung "Tetzel, Ablass, Fegefeuer"  im Mönchskloster ist leider nicht geöffnet. Dazu regnet es schon den ganzen Tag.
Es ist mir schon länger aufgefallen, dass die Kirchengemeinden in den neuen Bundesländern gerne ihre Schätze für Besucher verstecken. Auch Fragende und Interessierten sollte man nicht abweisen. Wie hat Nietzsche schon geschrieben:" Mehr Menschen würden sich für die Botschaft des Erlösers interessieren, wenn die, die ihn bekennen, auch ein bisschen erlöster gucken würden." 

Weiße Stadt am Meer

Heiligendamm war das erste, und ist somit  das älteste Seebad Deutschlands.. Herzog Friedrich Franz ließ es 1793 errichten.
Zwischen 1793 und 1870 entstand hier ein klassizistisches Gesamtkunstwerk aus Logier-, Bade-, und Gesellschaftshäusern. Das  brachte später Heiligendamm  den Beinamen „Weiße Stadt am Meer“ ein.
Erholt haben sich hier  Franz Kafka,  Friederich Schiller, Marcel Proust und Rainer Maria Rilke. Selbst der russische Zar soll hier gewesen sein. Dafür gibt es aber keine Belege.
Zu DDR Zeiten war in den Gebäuden  ein Sanatorium untergebracht. 1996 kaufte eine Investorengruppe weite Teile Heiligendamms auf,  restaurierte viele Gebäude und errichtete das „Grand Hotel“ und Luxusappartements zu Preisen, die jenseits von Gut und Böse sind.
Wer erinnert sich nicht noch an den G8 Gipfel 2007. Damals noch mit Putin. Aus G8 ist nun G7 geworden, und die Welt wieder ein wenig unsicherer.

Grand Hotel Heiligendamm

Manchmal erfrischt Luxus das Leben. Sehr viele nette Menschen sind hier,  und keiner ist langweilig. Den typischen  AFD Wähler suche ich hier vergeblich .Wie auch, hier fühlt sich keiner abgehängt, ist nicht arbeitslos und muss nicht mit Hartz IV auskommen. In Mecklenburg-Vorpommern bleiben jene zurück, die sich von Veränderungen nicht herausgefordert, sondern bedroht fühlen. Es sind vor allem Männer, die nicht zurechtkommen mit Globalisierung, Frauenrechten und sexueller Freiheit. Sie sind der Unterbau der AFD und der rechten Kameradschaften, die gezielt Freiwillige Feuerwehren, Sportvereine, Kreistage infiltrieren und im Frust der Menschen einen fruchtbaren Boden finden für ihre Fantasien.

Die Perle in der Hafencity

Im Januar wurde in der Speicherstadt, gebaut auf einen alten Hafenspeicher, die Elbphilharmonie eröffnet.  Sollte sie erst nur 70 Millionen Euro Steuern verschlingen, wurden im Laufe der Jahre 700 Millionen daraus. Diese absurden Kostensteigerungen stecken den Hamburgern heute noch in den Knochen. Dazu kamen Verzögerungen und Streitereien während der Bauphase.
Aber keiner kann sich heute diesem architektonischen Glanzstück mit seiner strahlenden, hochaufragenden Glasfassade entziehen. Mit einem Konzertsaal der großzügig und luftig wirkt, und in dem sich jeder Besucher, auch bei ausverkauften Haus, geborgen fühlt.
Es soll in Zukunft nicht nur Klassik geboten werden, auch anspruchsvolle Popmusik soll hier stattfinden.  Die Stadt muss jetzt darauf achten, dass diese Perle der Musik, nicht ein Tempel für die Elite wird. Für alle, ob arm oder reich, für alle Musik Interessierten, muss die Elbphilharmonie offen stehen. Dazu gehören auch moderate Eintrittspreise.
Noch sind alle Hamburger stolz auf dieses Wahrzeichen der Stadt. Die Besucherzahlen zeigen es. Die Elbphilharmonie ist ein Kraftwerk für neue Kreativität, ein musikalisches Zentrum, anerkannt und bestaunt von der ganzen Welt.
Ich hatte Glück , dass Freunde meiner Frau und mir für das Violinkonzert von Alban Berg am 19. Mai  Karten schenkten. Und wie wars  „Einfach großartig“

Emil Nolde in Seebüll

Er ist einer der ganz Großen der deutschen Kunstgeschichte und ein Meister des Expressionismus. Am 7. August 1867 ist er als Emil Hansen in Nolde, Schleswig-Holstein, geboren und am 13. April 1956 in Seebüll gestorben.
Mit 17 Jahren absolvierte er eine Lehre als Tischler in Flensburg und ging 1898 nach München, um freier Maler zu werden. 1902 heiratete er die dänische Pastorentochter Ada Vilstrup und änderte  seinen Namen in Emil Nolde. Kurze Zeit später wurde er Mitglied der Künstlergruppe „Die Brücke“. 1927 zogen beide nach Seebüll, einer Warft, wo Nolde ein Haus und ein Ateliergebäude entwarf und baute. Vieler seiner Bilder  wurden 1937 in München in der Ausstellung „Entartete Kunst“ präsentiert und vernichtet. Obwohl seine Rolle im Nationalsozialismus heute umstritten ist, (neuere Studien belegen, das Nolde ein Anhänger Hitlers und ein überzeugter Antisemit war) gehören seine ausdrucksstarken Bilder, seine Kompositionen in grellen Farben für mich heute zu den schönsten Kunstwerken, die in Deutschland hervor gebracht wurden. Niemand hat die Kreuzigung Jesu und Blumen und Pflanzen eindrucksvoller dargestellt.

Exodus der Insulaner

Normalverdiener können sich auf Sylt kein Leben mehr leisten. Junge Familien haben keine Möglichkeit, sich auf der Insel Eigentum zuzulegen. Sylt ist der teuerste Immobilienstandort Deutschlands. Nicht nur in Kampen oder Keitum, auch in den bodenständigen Orten wie Hörnum und Westerland werden mittlerweile bis zu 15000 € (in Spitzenlagen 35000€) je Quadratmeter gezahlt.  Die Einwohnerzahl geht zurück, was dazu führt, dass Schulen und Kindergärten schließen müssen. Die Folge ist, dass noch mehr Leute wegziehen. Ein Teufelskreis. Viele ehemalige Bewohner fühlen sich von der Insel vertrieben. Die Mieten auf Sylt kann sich keiner mehr leisten. Selbst für eine Garage ist die Miete so hoch, dass man dafür woanders eine 50 Quadratmeter Wohnung bekommt. Selbst eine freiwillige Feuerwehr gibt es nicht mehr. Nun heißt sie „Zwangsfeuerwehr“.
Viele Probleme sind hausgemacht, da einheimische Immobilienbesitzer ihre Häuser und Wohnungen  lieber an Zweitwohnungsbesitzer als an Sylter Familien verkaufen. Die Politik ist für vieles, aber nicht für alles verantwortlich.
Mittlerweile sind Orte wie Kampen, Rantum und Hörnum im Winter Geisterdörfer. Viele Häuser stehen leer und sind nur Spekulationsobjekt.
Arbeiter und Angestellte fahren jeden Morgen mit dem Zug aus Orten wie Klanxbüll oder Niebüll über den Hindenburgdamm zu ihren Arbeitsstellen auf Sylt. 6000 Elektriker, Maurer, Hausmeister, Ärzte, Lehrer, Gärtner, Polizisten usw. tun dies jeden Tag. Sie arbeiten auf Sylt, nur leben können sie da schon lange nicht mehr.
Es ist höchste Zeit gegen diesen Wahnsinn etwas zu tun!

Sansibar oder wie einer auf Sylt Millionär wird

Die Sansibar, die Szenekneipe auf Sylt.  Herbert Seckler kam 1974 nach Sylt ohne einen Cent in der Tasche zu haben. Er kaufte kurze Zeit später ein Kiosk am Strand von Rantum, und verkaufte dort Würstchen und Pommes frites. Im Winter arbeitete er auf Butterschiffen, um sich finanziell über Wasser zu halten. 2009 wurde Herbert Seckler vom Gastronomiekritiker Gault Millaut zum "Restaurateur des Jahres"  ernannt.
 Auch das gibt es in Deutschland "Vom Tellerwäscher zum Millionär".
Jeder, der nach Sylt kommt sollte hier gewesen. Traumhaft schön!

Brigitte Bardot war nur einmal hier, oder nette Menschen müssen nicht mit dem Porsche kommen

 

Ihr war die Insel zu rau und das Wetter zu schlecht. Anders sah es ihr damaliger Ehemann Gunter Sachs, der Sylt über die Grenzen Deutschlands bekannt machte. Das war in den sechziger Jahren, und im Schlepptau brachte er die Schickeria mit. Hier auf Sylt ging die Post ab. Nirgendwo anders im biederen und muffigen Deutschland der Adenauer Zeit konnte man mehr Party feiern als hier auf Sylt. So hat die Insel heute noch den Ruf eine Oase der Reichen zu sein.  Ein großes Vorurteil.
Ich liebe diese Insel seit den siebziger Jahren und bin immer wieder gerne hier.
Ich kann mich noch gut daran erinnern, wie das 15€ Ticket der Bahn in den neunziger Jahren Sylt veränderte. Zu Hunderten stiegen sie in Hamburg in die Regionalbahn, um die Insel der Pfeffersäcke zu erobern. „Gehen wir dahin, wo es uns gefällt, auch wenn sie uns dort nicht haben wollen“ , so stand es auf Flugblättern, die in Hamburg verteilt wurden. Aber ein 15 € Ticket macht noch keinen netten Menschen.
Gosch, bis dahin bekannt, die Sylter Schickeria mit Austern, Kaviar und Champagner zu versorgen, nahm ab da die Fischbrötchen in sein Sortiment auf. Man muss sich dem Markt anpassen. (Übrigens sind es die besten Fischbrötchen Deutschlands, und preiswerter als auf jeder Kirmes.)
Sylt ist heute ein Spiegelbild unserer Gesellschaft. Aussteiger, Singles, Familien mit und ohne Kinder sind hier. Da stören Menschen wie Günther Jauch, Jürgen Klopp, Karl-Heinz Rummenigge und wie die vielen Prominenten alle heißen überhaupt nicht. Das macht diese Insel so liebenswert..

Am Nordkap Deutschlands

Sylter Ellenbogen, eine einzigartige Naturlandschaft

Mit der Elbfähre nach Sylt

 

 
Elbfähre von Wischhafen nach Glückstadt bei Sonnenschein. Die Fährverbindung wird in Zukunft wohl nur noch für Fahrradfahrer und Fußgänger interessant sein. Ein aberwitziges Verkehrsprojekt, die A 22, macht es möglich.  Nur wenige Kilometer östlich von hier soll  ein neuer Elbtunnel zwischen Drochtersen und Glückstadt entstehen. Kosten 1,5 Milliarden Euro. Wer glaubt, wird selig!!
Alexander Dobrindt, unser Auto-und Dieselminister, würde gerne bauen, findet aber keine Privatinvestoren. ( öffentlich private Partnerschaft oder ÖPP) Im Gegenzug erhält der Investor eine Anschubfinanzierung vom Staat, und darf nach Fertigstellung Maut von den Autofahrern/innen erheben. 4,75 € für einen PKW und 27,00 € für einen LKW.  Rot-Grün in Niedersachsen und Rot-Grün in Schleswig-Holstein zweifeln diese Zahlen an. (jetzt leider Schwarz-Grün-Gelb in SH, und ob sie dann immer noch dagegen sind, ich bezweifle es) 

Obelink in Winterswijk

 

Winterswijk  🇳🇱,  Megastore Obelink. Auf 65000 Quadratmeter findet der Campingfreund alles, was sein Campingherz höher schlagen lässt. Wie gesagt, Holländer sind eben Profis in Sachen Camping. Ich hätte mir nie im Traum vorstellen können, wie viele verschiedene Zelte, Wohnwagen, Campingtoiletten, Kocher, Geschirr etc für Camper auf dem Markt zu kaufen sind.  Alle Dinge des täglichen Lebens in Campingausführung  😱  Mein aufblasbares Zelt habe ich natürlich auch gefunden gefunden. Der Hund schaut noch etwas skeptisch, aber ich denke er findet es auch toll.